Frischfleisch für Besserverdiener
Blutige Tomaten, Mord mit dem Fischmesser und Egoismus als Tugend: Mit den neuen Männermagazinen Beef! und Business Punk zielt Gruner+Jahr auf Nischen. (aus der taz vom 15. Oktober 2009)„Firmeninterner Kreativwettbewerb“ – das klingt ein wenig nach verkrampftem Teambuilding-Gedöns. Gruner+Jahr hat damit allerdings gute Erfahrungen gemacht, 2006 entstand so das Hunde-Lifestyle-Magazin Dogs. Bei der Neuauflage „Grüne Wiese“ im November 2008 wurden rund 380 Ideen eingereicht, von denen nun zwei – zunächst einmalig – den Sprung an den Kiosk geschafft haben: Beef! (9,80 Euro) und Business Punk (6 Euro). Beide Titel richten sich an wohlhabende Männer, die mit beiden Beinen im Leben stehen und deren Welt noch klar getrennt ist in „wir Kerle“ und „die Frauen“– die Hefte bespielen allerdings mit beeindruckender Konsequenz ziemlich spezifische Lebenswirklichkeiten. Bei Beef! ist das die Welt des Hobbykochens – nicht die Nudelreispampen-WG, sondern Männer, die es ein paar Mal im Jahr richtig krachen lassen: sieben Gänge, allerbeste Zutaten und viel Rotwein. „Wir nehmen keine Rücksicht“, sagt Beef!-Chefredakteur Jan Spielhagen und benennt damit die Kerntugend des Hefts. „Andere lassen Innereien weg – wenn wir hingegen finden, dass bei der Reportage vom Fischmarkt in Tokio ein Bild mit viel, viel Blut wichtig ist, wird das gedruckt.“ Neben dieser Kompromisslosigkeit sei Humor wichtig, und: „Wir wollen wertig sein. Design spielt eine Riesenrolle.“ Überbordend und unübersichtlichDas kann man wohl sagen: Seitenfüllende Detailaufnahmen von Tomatensaucen muten an wie abstrakte Gemälde, eine Produktstrecke für Küchenmesser ist im Stil von Fotos an Mordschauplätzen inszeniert. Das ist so überbordend wie unübersichtlich, die Abfolge all der Rubriken wirkt willkürlich. Auch bei den Texten, nicht mehr als solide geschriebenes Beiwerk, kann noch nachgebessert werden. Business Punk dagegen funktioniert über die Inhalte. Und die handeln von Machern, von Alphatieren, die nach dem Heftmotto „Work hard – play hard“ leben. Egoismus ist für sie eine Tugend. „Ich will was erreichen, aber nicht zum Langweiler werden – dieses Lebensgefühl wollen wir authentisch rüberbringen“, so Redaktionsleiter Nikolaus Röttger von der Financial Times Deutschland. „Ich glaube nicht an die klassische Definition, nach der work immer das Böse und life immer das Gute ist. Es muss beides stimmen.“ Und entsprechend präsentiert Business Punk Geschichten aus beiden Welten: über den Sinn und Wahnsinn durchgearbeiteter Nächte genauso wie über Urlaub im gemieteten Tourbus. Dazu kommen Porträts von Virgin-Gründer Richard Branson oder Snowboardikone Shaun White – Business Punks eben, wobei der ständige Verweis auf den Titel ein wenig bemüht wirkt. So wie überhaupt das Konzept mitunter so leer wirkt wie der inzwischen von jeglichem subversiven Touch befreite Begriff „Punk“. Neben Beef! und Business Punk startet heute außerdem GalaMen, morgen kommt die zweite Ausgabe des Elternhefts Nido an die Kioske – G+J will sich und der Branche beweisen, dass man auch bei rückläufigen Anzeigenerlösen gute, ausgefallene, mit Herzblut gestaltete Magazine am Markt etablieren kann. Bis auf GalaMen eint diese Magazine die Fokussierung auf Spezialthemen für Besserverdiener und der aus der Neon bekannte Lebensweltjournalismus – hier könnte sich eine Nische für weitere neue Projekte etablieren. |