„Ich will kein Kasper der Medienwelt sein“

Sie war die Stimme von „Herzblatt“. Heute spricht Susi Müller in Werbung, TV-Beiträgen, Navigationssystemen – und veröffentlicht Hörbücher im Selbstverlag. (aus der taz vom 8. August 2009)

„Ich war immer lieber im Off, im Hintergrund.“ Sagt Susanna Müller. Und als Stimme aus dem Off wurde sie auch berühmt: Sie war die Kandidatenvorstellerin Susi bei „Herzblatt“, die mit dem „Jetzt musst du dich entscheiden …“-Satz und dem samtig-verruchten Schlafzimmertimbre.

Rudi Carrell persönlich hatte Susi Müller, die damals beim SWF als Radiomoderatorin arbeitete, 1987 zu „Herzblatt“ geholt. Die Kuppelshow war ein Longseller der Vorabendunterhaltung: 19 Jahre, 7 Moderatoren – Müller war die ganze Zeit dabei. Als ihren Lieblings-„Herzblatt“-Moderator nennt sie Carrell, der auch Patenonkel ihres Sohns war: „Für mich war er der hundertprozentige Entertainer. Er hat sich nicht so in Szene gesetzt wie die meisten Moderatoren heute.“

Ihr selbst blieb eine große Karriere verwehrt – wobei Müller, inzwischen 46, zugibt, sich selbst ein wenig ausgebremst zu haben: „Manche Angebote habe ich mir nicht zugetraut. Eigentlich bin ich etwas zu brav fürs Fernsehen.“ Bereut hat sie ihren Weg nicht: „Ich wollte nie so ein Kasper der Medienwelt werden.“ Dazu kam, dass sie ihrem Sohn zuliebe nicht aus Hamburg wegziehen wollte, wo sie seit 1990 lebt.

2005 wurde „Herzblatt“ ins BR-Regionalfernsehen abgeschoben, 2006 war ganz Schluss. Vorerst, prophezeit Susi Müller: „Ich denke, das liegt nur auf Eis. Singles wird es leider immer geben.“ Bis es so weit ist, vertont Müller Magazinbeiträge und Trailer, moderiert Veranstaltungen, arbeitet als Radio-Gastmoderatorin, spricht Werbespots und Ansagetexte für Telefonanlagen und Navigationsgeräte. Außerdem moderiert sie die aktuell laufenden „Herzblatt“-Best-of-Folgen (freitags, 23.30 Uhr, BR) – und kümmert sich um ihren eigenen kleinen Hörbuchverlag.

Zu dem kam sie 2005, über eine Moderationsanfrage der Messe AudioBooksCologne, statt eines Honorars versprach man Müller einen Messestand. Also gründete sie in nur drei Wochen die „Edition Susi the Voice“, ein Familienunternehmen, ihre Mutter und ihre Schwester helfen bis heute mit. Die Verkäufe sind zwar nicht umwerfend hoch, aber konstant.

Bisher gab es genau drei Veröffentlichungen: eine Coco-Chanel-Biografie, Schnitzlers „Traumnovelle“ und die „Meerjungfrau“ von Hans Christian Andersen. „Da wusste ich erst gar nicht, wie brutal das Märchen ist“, sagt Müller. „Ich habe die Stellen dann einfach rausgelassen. Statt ,Zunge rausschneiden’ steht dort jetzt ,ihre Stimme schenken’.“ Um sich nicht mehr mit Urheberrechtsfragen rumärgern zu müssen, schreibt Müller momentan an einer Kinder- und einer Liebesgeschichte und arbeitet an einer Meditations-CD-Reihe.

Im Herbst versucht sich Müller mal wieder als Kupplerin. In München plant sie einen Flirtbrunch. „Im privaten Leben habe ich schon oft Leute verkuppelt“, sagt sie. „Ich glaube, da habe ich ein gutes Einfühlungsvermögen – und außerdem ist alles, was ich mache, mit Herz.“

Dieser Text ist Teil der damaligen Serie „Lost & Found“ auf der taz-Medienseite, ein „Was macht eigentlich…“-Format.

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